"900 Jahre Mönninghausen"

             Ein Besuch im Weltkulturerbe Kloster Corvey

 

 

 

Das in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie abgesagte 900-Jahr Jubiläum in Mönninghausen macht neugierig auf die gemeinsame Geschichte von Kloster Corvey - seit 2014 Weltkulturerbe der UNESCO - und dem von Mönchen gegründeten Ort Mönninghausen.

Die Gründungsidee für ein Mönchskloster in Sachsen wird Karl dem Großen (768-814) zugeschrieben. Ein erster Versuch wurde von Mönchen aus der nordfranzösischen Abtei Corbie 815/816 in Hethis unternommen, dessen Lage im Solling vermutet wird. 822 zogen die Mönche in das Wesertal, um hier einen Neuanfang zu vollziehen. Der Paderborner Bischof Badurad weihte die Klosterbaustelle und nannte den Ort im Andenken an das Mutterkloster Neu-Corbie.

Was war das für eine Zeit damals? Gerade in der Zeit vom 9/10. bis 12. Jahrhundert wurde die Vormachtstellung des Christentums und damit des Papstes, der Pfarrorganisationen, Mönchsorden, Burgen und Kathedralen ausgebaut. Seit etwa ab dem Jahr 1050 kam es zu einem deutlichen Wirtschafts- und damit Bevölkerungswachstum in Europa. Wälder wurden gerodet und Sümpfe trockengelegt. Riesige Ackerflächen entstanden. Ein wichtiger Grund für das Bevölkerungswachstum war die sog. mittelalterliche Warmzeit. Ernteausfälle wurden geringer, die Überschüsse stiegen und die Kindersterblichkeit ging dramatisch zurück.

Überall in Europa begann eine beschleunigte Ausdehnung des Klosternetzwerks. Das Mönchstum bot eine christliche Vernetzung – eine Art klösterliches, analoges Internet – verwoben mit der säkularen Welt der Gemeindepriester bis hin zu Haupthofverwaltern. Zum ersten Mal wurden in ganz Europa Informationen gesammelt, getauscht, systematisiert und wissenschaftlich in Beziehung gesetzt.

 

 
  Das sogenannte Westwerk I.                      Eingangstor zum Welterbe Kloster Corvey

 

So auch im Jahre 1120, der ersten urkundlichen Erwähnung von Mönninghausen (damals: Munichuson). Der Corveyer Dienstmann Gottschalk von Mönninghausen wird zum Haupthofverwalter ernannt. Er sammelt die Abgaben für das Kloster ein, registriert sie und leitet sie nach Corvey zum Kloster weiter. Ende des 12. Jahrhunderts wird dann eine Kirche erbaut, die dem Heiligen Vitus gewidmet ist.  Der heilige Vitus ist auch im Kloster Corvey als Monument abgebildet. 

Die Stellung von Mönninghausen zu der Zeit wird in einem neuzeitlichen Wandgemälde im Kloster deutlich. Dieses Wandgemälde zeigt die von „Kloster Corvey gegründete und abhängige „Kirchen, Klöster, Stifter u. Pfarreien“.  Mönninghausen und Büderich (Werl) sind die einzigen gegründeten und abhängigen Klöster in der Hellwegbörde. Mönninghausen wird im Jahre 1209 sogar Verwaltungszentrum für den Streubesitz des Klosters Corvey im Ort selbst und in den umliegenden Ortschaften. (um die Karte auf einer Extraseite zu vergrößern, bitte hier anklicken)

 
Ausschnitt St.Vitus Mönninghausen
   

Das Kloster Corvey selbst ist in den Jahren vor der urkundlichen Erwähnung von Mönninghausen deutlich gewachsen. Die Abtei entwickelte sich zwischen dem  9. bis 11. Jahrhundert zu einem kulturellen, geistigen und wirtschaftlichen Zentrum im Gebiet der Sachsen. Zwischen 873 und 885 wurde vor der Kirchenfassade das Westwerk errichtet.

Das Corveyer Westwerk gehört zu den herausragenden Bauwerken des frühen Mittelalters in Europa. Wer noch nicht da war – absolut sehenswert. Im dem verheerenden 30-jährigen Krieg wurde das Kloster fast gänzlich zerstört. Der Wiederaufbau dauerte Jahrzehnte. Im Jahr 1792 wurde Kloster Corvey auf eigenes Bestreben in Fürstbistum umgewandelt. Danach gab es mehrere Besitzer aufgrund von Erbansprüchen. Zuletzt ist Corvey im Besitz der Familie Ratibor. Heute führt seine Sohn Viktor als 5. Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey  die Geschicke des familiären Unternehmens mit seinen Gebäuden und Betrieben und ermöglicht sein Fortbestehen bis weit ins 21. Jahrhundert hinein.

 
Kirche Heilige  St. Vitus

Als August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der Dichter der deutschen Nationalhymne, im Mai 1860 seine neue Stelle als Bibliothekar im fürstlich geprägten Kloster Corvey antrat, hatte er sich zum Ziel gesetzt, den schlechten Ruf der Bibliothek zu verbessern. Der rührige Bibliothekar schaffte aus ganz Europa u.a. wissenschaftliche Literatur an und prägte damit entscheidend die gewachsene Sammlung.

Heute zählt der sehenswerte Bücherschatz mit 74.000 Bänden zu den kostbarsten und größten privaten Bibliotheken in Deutschland. Hoffmann von Fallersleben ist auf dem kleinen Friedhof neben der Kirche begraben worden.
 Bibliothek mit ca. 74000 Bänden
Das Grab von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Wandelgänge Kaisersaal
 

Auch in Mönninghausen stand die Zeit nicht still. Der 30jährige Krieg hatte überall nur Tod und Elend hervorgebracht. Nach 1802 wird Mönninghausen dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zugeschlagen. Am 15. Juli 1816 kam es zur Übernahme des Herzogtums Westfalen in Arnsberg durch den preussischen Oberpräsidenten von Vincke. Die meisten der Klöster und Stifte im Herzogtum Westfalen wurden unmittelbar nach der Besitzergreifung säkularisiert. Dazu kam es auch in Mönninghausen. Die dem Kloster Corvey gehörenden 36 Hofstellen in Mönninghausen und die der umliegenden Orte (weitere 134) wurden enteignet und in Privatbesitz umgewandelt.   

Damit endet im Wesentlichen die gemeinsame Zeitreise von Mönninghausen und dem Kloster Corvey.

Die historische Bande ist aber nicht zerrissen. Mit der 900-Jahr-Feier sollte in diesem Jahr diese gemeinsame Geschichte noch einmal in das Bewusstsein gerückt werden. Leider können die Feierlichkeiten wegen der Corona-Pandemie voraussichtlich erst im Jahr 2021 stattfinden.

 

Text und Bilder: Bernd Müller

Quellen:
Ian Mortimer: Zeiten der Erkenntnis, Wie uns die großen historischen Veränderungen bis heute prägen, 2018
Franz Jakob: Mönninghausen 1120-2017, 2017
https://de.wikipedia.org/wiki/Corvey, Stand 7/2020

https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Westfalen
, Stand 7/2020
https://www.schloss-corvey.de, Stand 7/2020
https://de.wikivoyage.org/wiki/Corvey, Stand 7/2020
https://www.moenninghausen.de/geschichte/geschichte.htm, Stand 7/2020

www.moenninghausen.de